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Almuth spielt auswärts

Roman

Erschienen am 27.08.2013
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783866123526
Sprache: Deutsch
Umfang: 392 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 21.6 x 13.4 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

'Das Geld muss weg, das wird sonst schlecht ', sagt Paula, die eine Erbschaft gemacht hat, und lädt ihre Freundinnen Almuth und Lilo zu einem Urlaub in die Schweiz ein -- denn wo kann man sein Geld besser verprassen? Gesagt, getan, Almuth kocht ihrem Gatten Günter für eine Woche sein Essen vor, packt die Wanderschuhe ein, und es kann losgehen! Doch angekommen im Hotel, will sich die erhoffte Fröhlichkeit bei den drei Damen nicht so recht einstellen. Paula liegt erfolglos auf der Lauer nach einem Urlaubsflirt, Lilo ist sowieso bekümmert, weil frisch verwitwet, und Almuth findet es merkwürdig, Günter nicht an ihrer Seite zu haben. Als sie aber am dritten Abend einen netten Mann kennenlernt, der genauso für Fußball brennt wie sie und auch noch Jens Lehmann heißt, ist alles plötzlich ganz anders.

Leseprobe

ARME RITTER 'Fotzelschnitten.' Almuth stutzt. Sie dreht das Buch um: 'Schweizer Spezialitäten', steht auf dem Einband, 'von Appenzeller bis Zürcher Geschnetzeltes'. Fotzelschnitten. Herrschaftszeiten, denkt Almuth. Das kann ja was werden. Sie blickt zu Günter hinüber. Männer, die auf dem Rücken liegen, schnarchen ja meistens, aber Günter nicht, ganz vorbildlich, lobt sie ihn in Gedanken. Er ist mal wieder maulfaul. Die neue, mit Herzen bestickte Schlafbrille - ein Geschenk von Almuth zu seinem einundsechzigsten Geburtstag - ist ein Stück zur Seite gerutscht und bedeckt nur noch ein Auge vollständig. Sein Mund ist halb geöffnet. Almuth beugt sich noch weiter vor und lauscht. Leise, sehr leise ist gleichmäßiges Atmen zu hören, Günters Brustkorb hebt und senkt sich fast unmerklich. Man könnte glatt meinen, er sei tot, denkt Almuth. 'Mit altbackenem Brot bereiten Sie so köstliche Gerichte wie Fotzelschnitten. Brotreste machen Sie glücklich, denn Brotgerichte sind unwiderstehlich!' Brotreste, denkt Almuth, das klingt irgendwie nach Krieg, das muss ja ein uraltes Rezept sein. Wann waren die Schweizer zuletzt kriegerisch unterwegs? Die Schweiz ist doch immer neutral. Gut, wenn man vorbereitet ist, denkt sie. Sonst fährt man ahnungslos da hin, und mir nichts, dir nichts will einem jemand eine Fotzelschnitte andrehen, und dann steht man blöd da. 'Woher der Name stammt, weiß niemand so genau', liest Almuth weiter. 'Fotzel nennt man ein abgerissenes Stück Papier. In manchen Gegenden der Schweiz bedeutet es aber auch >durchtriebener Hallodri<.' Nicht nur, dass sie Papierfetzen fragwürdig benennen und noch wie im Krieg kochen, denkt Almuth, sie sind auch sprachlich über die Fünfzigerjahre kaum hinausgekommen. Hallodri, kein Mensch sagt mehr Hallodri, außer den Schweizern offenbar. Hallodri, das ist wie Hopsala, und das sagt auch kein Mensch mehr. Andererseits hat das auch etwas Tröstliches, findet Almuth. Alles verändert sich, Schade heißt Rewe, im Fernsehen ist alles Englisch, und die Jugend redet sowieso wirres Zeug, da kann man sich etymologisch schon mal an einem Hallodri festhalten. Günter hält die Luft an. Drei, vier Sekunden vergehen. Almuth spürt, wie sich sein Körper spannt, wie er die Hüfte in Position schiebt. Dann erschallt, von der Bettdecke gedämpft, ein entschlossener Ton wie aus einem verstopften Jagdhorn. Günter atmet erleichtert aus und dreht sich auf die andere Seite. Besser so ein Lebenszeichen als gar keins, denkt Almuth. Im Schein der Nachttischlampe betrachtet sie seinen Rücken. Wann waren wir eigentlich das letzte Mal für mehr als eine Nacht getrennt?, überlegt sie. Ewig muss das her sein, da war Karsten noch gar nicht auf der Welt, und der ist nun auch schon dreiunddreißig. Almuth wendet sich wieder dem Kochbuch zu. Und jetzt fünf Tage Urlaub mit Paula und Lilo in der Schweiz, aber ohne Männer, darauf hat Paula bestanden. Wer zahlt, der bestimmt, hat sie gesagt. Da ist ja auch was dran, denkt Almuth, wenn es nur nicht diesen Beigeschmack hätte von wegen 'Alle Männer sind doch nur durchtriebene Hallodris'. Da hat er sich im Hirn schon eingenistet, der Hallodri, stellt sie fest, die Schweizer sind doch raffinierter als ihre Gerichte. 'Etwa zwölf Scheiben Weißbrot vom Vortag, zwei Deziliter Milch, vier Eier, Zimt, Zucker, Butter', geht sie die Zutatenliste durch. Wenn die Fotzelschnitten mal keine Armen Ritter sind. Aber so hat es der Schweizer zu seinem Reichtum gebracht, Kochen mit Brotresten, wer den Rappen nicht ehrt, ist den Franken nicht wert, kalauert Almuth vor sich hin. Kein Wunder, dass der Eidgenosse das lieber verschleiert. Wobei, wenn man sich schon einen anderen Namen für Arme Ritter ausdenkt, überlegt sie, dann hätte es auch etwas mehr Schleier sein dürfen, rein sprachlich gesehen. 'Eine Variation der Fotzelschnitte ist die >Versoffene Jungfrau<: Statt Milch nehmen Sie dafür Rot- oder Weißwein.' Durchtriebene Hallodris und versoffene Jungfrauen. Typisch Paula, denkt Almuth, dass sie ausgerechnet die