Wir sind die Wolfskinder

Verlassen in Ostpreußen

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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783492302647
Sprache: Deutsch
Seiten: 336 S.
Format (H/B/T): 2.3 x 19 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Vermisst, verloren, vergessen: Über 20.000 deutsche Kinder werden ab 1944 in Ostpreußen von ihren Familien getrennt - viele für immer. Gegen Hunger, Kälte und sowjetische Willkür führen sie einen Kampf um Leben und Tod. Monatelang streifen sie, Wölfen gleich, durch die Wälder Litauens. Nach jahrzehntelangem Schweigen erzählen die letzten Wolfskinder erstmals von den Schrecken der Vergangenheit.

Autorenportrait

Sonya Winterberg, Jahrgang 1970, arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren als Journalistin für Print und Fernsehen in Europa und Nordamerika. Nach Stationen in Belgien, den USA und Deutschland lebt sie heute in Halifax, Nova Scotia. Sie beherrscht beide Landessprachen und hat sich schon im Studium mit den Sprachen der Ureinwohner des nördlichen Polarkreises beschäftigt. Zuletzt erschien von ihr 'Kollwitz. Die Biografie', im Piper Verlag veröffentlichte sie u. a. 'Wir sind die Wolfskinder. Verlassen in Ostpreußen'.

Leseprobe

'Sofern es überhaupt ein >Bewältigen< der Vergangenheit gibt, besteht es in dem Nacherzählen dessen, was sich ereignet hat; aber auch dies Nacherzählen, das Geschichte formt, löst keine Probleme und beschwichtigt kein Leiden, es bewältigt nichts endgültig, es hilft aber, >die innere Wahrheit des Geschehens so transparent in die Erscheinung< zu bringen, daß man sagen kann: Ja, so ist es gewesen.'   Hannah Arendt   Vorwort   Sie sind die Kinder des Zweiten Weltkriegs, die Kinder der Flucht und der Vertreibung - und Kinder Ostpreußens. Niemand hatte sie vorbereitet auf den gewaltvollen Verlust der Mutter und der Angehörigen, den Hunger, die Kälte und schließlich das jahrzehntelange Verlassensein; auf die Traumata ihrer Kindheit, die sie ein Leben lang begleiten würden und die sich bis in die Gegenwart auswirken - so jedenfalls sieht es die Autorin dieses Buches.   In einem Vortrag anlässlich des Preußenjahrs 2001 konstatierte der Historiker Arnulf Baring, dass in Deutschland kaum öffentlich behandelt werde, was es bedeute, 'dass der größere Teil des alten Preußen, das 1701 Königreich wurde, heute polnisch, auch russisch oder litauisch ist'. In einem geeinten Europa, in dem seither auch Polen und Litauen Aufnahme gefunden haben, hat sich daran mehr als zehn Jahre später wenig geändert. So wie das Schicksal dieser Gruppe erst sehr spät bearbeitet wurde, erging es auch den Ostpolen, die als Erste zwangsweise umgesiedelt, vertrieben und traumatisiert wurden.   Eines der drei baltischen Länder ist auf ganz besondere Weise mit Deutschland verbunden - Litauen. Hier fanden nach Ende des Zweiten Weltkriegs zahlreiche der Geflohenen oder Vertriebenen aus Ostpreußen eine Zuflucht, einige von ihnen blieben bis heute. Diese Tatsache spiegelt sich im öffentlichen Bewusstsein kaum wider. Wenn wir auf die dramatische Zeitenwende 1989/90 zurückschauen, sollten wir bedenken, dass sich die damaligen Ereignisse aus litauischer Sicht keinesfalls frei von Gewaltandrohung vollzogen.   Als sich Litauen auf einem Parteitag Ende 1989 von der sowjetischen Führung in Moskau lossagte, stieß das Land auf das deutliche Nein Gorbatschows zur Unabhängigkeit der baltischen Staaten. Deutschland wollte auf keinen Fall einen Konflikt mit Gorbatschow wegen der Unabhängigkeitsforderungen im Baltikum. Das hätte das Ziel der deutschen Einheit gefährden können. Wenn ich auch die Zurückhaltung Kohls und Genschers nachvollziehen konnte, suchten wir damals doch nach Wegen, wie wir die Litauer politisch und praktisch unterstützen konnten. Wir bewunderten den Mut derer, die unbeirrt auf ihren 'großen Tag' zusteuerten, die Erklärung der Unabhängigkeit am 11. März 1990.   Tagtäglich die Aufbruchsstimmung in Deutschland mitzuerleben, auch die Nachrichten von den vielen Menschen zu sehen, die in Litauen für die Unabhängigkeit auf die Straße gingen, und dennoch die eher zurückhaltende Politik zu erleben und als Bundestagspräsidentin zum Teil auch mittragen zu müssen, fiel mir schwer.   Es wurde damals auch nicht gesehen, dass das Einsetzen für die Belange Litauens eng mit dem Schicksal einer dort lebenden deutschen Minderheit zu tun hatte, die, anders als etwa die Russlanddeutschen, über keine Lobby verfügte und deren deutsche Herkunft vonseiten der Bürokratie aufgrund fehlender Dokumente in Zweifel gezogen wurde. Den Lebensgeschichten dieser Kriegskinder geht die Autorin Sonya Winterberg in diesem Buch nach.   Ich kann mich noch gut erinnern, dass innerhalb der Regierung größter Druck auf uns Parlamentariern lastete. Dass ich dennoch Anfang September 1991 als erster hochrangiger Politiker nach Litauen flog, um Gespräche mit der von der Sowjetunion nicht anerkannten Regierung zu führen, stieß auf wenig Gegenliebe. Wir sollten nicht nach Litauen fahren, waren aber dennoch da. Die Eindrücke waren bedrohlich und haben sich mir tief eingeprägt. Rund um das Parlament in Vilnius waren noch die Barrikaden aus Sandsäcken zu sehen, die das Gebäude schützen sollten, um dem

Schlagzeile

'Niemand durfte uns weinen sehen.' Ein Wolfskind aus Königsberg